Ein Gedenkort für Laye Condé

(Mehr Informationen finden sich auf der website der Initiative in Gedenken an Laye-Alama Condé: http://www.brechmittelfolter-bremen.de)

 

Guten Tag, ich bin der Gedenkort für Laye Condé.

Wer das war und was ich will, fragst du,

und ich sage – dreh,

 

und hör auf meine Tonspur und ich werde dir berichten,

was Laye Condé widerfuhr und weitere Geschichten

von Menschen, die mit Brechmittel gequält, traumatisiert,

ihrer Würde und körperlichen Integrität beraubt,

ihre Leben leichtfertig riskiert.

 

Ich möchte, dass ihr euch erinnert,

was in dieser Stadt geschah

was 13 Jahre lang, mehr als 1000 mal angewandt

sogenannter Beweissicherungsalltag war:

 

Bei jungen Männern afrikanischer Herkunft

reichte aus der bloße Verdacht,

mit Drogen Handel zu betreiben,

um sie mit Gesetzes Macht

auf die Wache zu bringen

 

und dort - meist mit Gewalt –

zur Einnahme des Brechsirups zu zwingen,

auf der Suche nach Beweisen im Mageninhalt.

 

Ignoriert wurden alle Proteste,

alle Verweise auf Verhältnismäßigkeit

und auf die gesundheitlichen Gefahren,

die dieser Praxis inne wohnten, die ganze Zeit.

 

Selbst der Tod von Achidi John in Hamburg, 2001,

hat kein Umdenken gebracht,

was den Tod von Laye Condé, 2005,

zu einer Tötung mit Ansage macht.

 

Ohne genaue Kenntnis, was mit ihm geschehen wird,

gefesselt Füße und Hände,

mehrere Liter per Nasensonde eingeflößt

nahm die Gewalt auch dann kein Ende

als Laye Condé nicht mehr ansprechbar war

und ein Notarzt musste kommen

der seinen Gesundheitszustand für stabil erklärt

und ansonsten sich hat rausgenommen.

 

Und so fuhr der Arzt des polizeilichen Beweissicherungsdienstes fort ,

bis Laye Condé kollabierte

und seine Lunge unter Wasser stand,

was er nicht überlebte.

 

Kurz darauf hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte

diese Praxis verboten und als Folter benannt.

Dies ist der Grund, weshalb sie dann endlich

auch in Bremen ein Ende fand. 

 

Doch anstatt die Sache aufzuarbeiten,

Verantwortung zu übernehmen und zu versuchen zu verstehen,

wie so eine brutale Praxis

13 Jahre lang konnte bestehn,

 

schoben sich Politik, Justiz, Polizei, Medizin

die Schuld nun in die Schuhe

und ohne den öffentlichen Protest

wär in der Sache wahrscheinlich längst Ruhe.

 

Und damit diese nicht eintritt, soll es mich geben,

möchte ich 'nen festen Ort im gesellschaftlichen Leben,

möchte Stein des Anstoßes sein, Ort von Mahnen und Gedenken,

und dieses nicht auf private Räume beschränken.

 

Das Thema Brechmittelfolter, ihr kriegt es nicht los,

hier gibt’s noch viel zu sagen,

hier braucht's Debatte und Aufarbeitung,

denn hier kam ein ganzes System zum Tragen:

 

Diese Praxis war rassistisch, weil sie zu 99 % schwarze Männer  traf,

und eingebettet in eine Drogenpolitik, die sowieso glaubt, dass sie alles darf,

dass im Kampf gegen Drogen, obwohl dieser nichts bringt,

alle angewandten Mittel nicht nur legitim, sondern auch rechtens sind.

 

Hier ist Demütigung das täglich Brot,

Menschenwürde kein zu schützendes Gut,

und im Umgang mit denen, die kriminalisiert,

herrschen Abscheu, Strafbedürfnis und selbstgerechte Wut.

 

Während Laye Condé seit Tagen im Koma mit dem Tode rang,

gab Innensenator Röwekamp ein Fernsehinterview,

in dem diese Haltung so klang:

„Schwerstverbrecher müssen mit körperlichen Nachteilen rechnen“

 

Brechmittelfolter lässt sich nur dann ganz verstehen,

wenn mensch bereit ist, koloniale Kontinuitäten zu sehen:

Herrenmenschendenken, Gewalt als Normalität,

Straffreiheit und heuchlerische Zwei-Klassen Humanität.

 

Und so möchte ich als Gedenkort den Bogen schlagen

und rassistische Polizeigewalt als System anklagen

und mich mit anderen Gedenkinitiativen verweben,

die ebenfalls keine Ruhe geben:

 

Oury Jalloh – in einer Polizeizelle in Dessau verbrannt

Christy Schwundeck- in einem Jobcenter in Frankfurt erschossen

Jaja Diabi – laut Justizbehörde in einem Gefängnis in Hamburg durch Suizid gestorben, nachdem er dort aufgrund von 1,65 g mitgeführtem Cannabis für mehr als einen Monat inhaftiert gewesen war

 

Gerechtigkeit und Wahrheit, Gerechtigkeit und Wahrheit, Gerechtigkeit und Wahrheit

bis alle Leben gleich viel wert sind.

Gerechtigkeit und Wahrheit, Gerechtigkeit und Wahrheit, Gerechtigkeit und Wahrheit, Gerechtigkeit und Wahrheit

 

Bis alle Leben gleich viel wert sind.